impressionen aus pertisau / tirol
Auf der Suche nach winterlichen Verhältnissen für eine Hüttentour werden wir heute im Naturpark Karwendel am äußersten Rand unseres Wandergebietes fündig. Bei derzeit zweistelligen Minusgraden in den Nächten hat sich der wenige Schnee in den schattigen Karwendeltälern nahe Pertisau am Achensee gut erhalten. Unser Ziel ist die ganzjährig bewirtschaftete Gramai Alm im Talschluss des Falzthurntals.
Ausgangspunkt ist der große, gebührenpflichtige Wander- bzw. Loipenparkplatz am Eingang zu den Karwendeltälern. Aus dem Inntal kommend biegen wir nach der Serpentinen-Auffahrt von Wiesing nach Maurach links in Richtung Pertisau ab. Bei der Anfahrt aus dem Tegernseer Tal via Achenpass hält man sich hier entsprechend rechts. In Pertisau passieren wir das Achensee-Südwestufer, orientieren uns an der Beschilderung zur Karwendel-Bergbahn und folgen anschließend der Naturparkstraße geradeaus bis zum Parkplatz. Die am Automaten zu entrichtende Gebühr für 4 Stunden beträgt 3,00 Euro.
Wir starten auf rund 980m Seehöhe. Zur Gramai Alm, die nur knapp 300 Meter höher liegt, führt ein durchgehend gewalzter, rund 7km langer Winterwanderweg. Die Gehzeit ist am Parkplatz mit 1 Stunde 45 Minuten angegeben. An der großen Hinweistafel wählen wir den beschilderten, linkerhand abzweigenden Zugang ins Falzthurntal. Parallel zur Langlaufloipe, die ebenfalls am Alpengasthof Gramai Alm ihren Wendepunkt hat, marschieren wir in südwestlicher Richtung los. Rechterhand können wir hinauf zum Gipfelkreuz des 1.562m hohen Feilkopf blicken, östlich darunter thront auf einem Geländeabsatz die Feilalm.
Am flachen Talboden geht es nach einer Loipenquerung ohne merkliche Steigung taleinwärts. Nach Durchschreiten eines längeren Waldstücks, das den Einschnitt zwischen Feilkopf und Dristenkopf prägt, zeigt das Falzthurntal seine malerische Seite. Es wird offener und weitet sich etwas, nördlich begrenzt durch die steil aufragenden Felswände von Falzthurnjoch und Bettlerkarspitze. Sanft ansteigend wandern wir auf die Gebäude der Falzthurnalm (1.077m) zu. Von rechts mündet die Falzthurnstraße ein, die im Winter Versorgungs- und Pferdeschlittenfahrten vorbehalten ist. Die kleine Almsiedlung, die wir circa 45 Minuten nach dem Start erreichen, besteht aus mehreren Hütten und zwei Einkehrstationen.
Das traditionsreiche Alpengasthaus Falzturn (www.falzturn.at) wird das ganze Jahr über bewirtschaftet. Ursprünglich im Jahr 1910 für Sommergäste gebaut, wurden hier 1972 erstmals Gäste auch während der Wintermonate bewirtet. Die Wintersaison dauert in der Regel von Mitte Dezember bis Ende März, in dieser Zeit ist täglich geöffnet. In der Gaststube, in der bis zu 100 Personen Platz finden, kann man sich die Hausspezialitäten wie Hirschgulasch, Hirschwurst, Hüttenspatzl'n im Pfandl, Speckknödel oder "Falzturner Tris" (Kasnocken, Schlutzkrapfen und Spinatknödel) schmecken lassen.
Direkt gegenüber lockt auch die Jausenstation Sennhütte Falzturn mit Kaminfeuer und Tiroler Schmankerln, aber etwas weniger Platz zur Einkehr.
Der Winterwanderweg zur Gramai Alm führt nun weiter ansteigend ins Tal hinein, direkt auf das mächtige Sonnjoch (2.457m) zu. Die Gipfel und Kämme oberhalb des Bergwalds sind schneebedeckt. Aufgrund ihrer Höhe dringt die Sonne zu dieser Jahreszeit kaum zu uns auf die südliche Talseite durch. Südöstlich von uns erheben sich Rappenspitze, Lunstkopf und Rauher Knöll, im Nordwesten die Schaufelspitze. Wir durchschreiten zwei kurze und lichte Waldstücke. Streckenweise marschieren wir entlang der Langlaufloipe, bevor sich beide bestens präparierten Routen wieder voneinander entfernen.
Rund 45 Minuten nach der Falzthurnalm nähern wir uns dem tief verschneiten Talschluss, dem Gramaier Grund, mit der dort eingebetteten Gramai Alm. Über dem wildromantischen Kessel ragt die Lamsenspitze (2.508m) weit über 1.000 Meter in die Höhe. Wir passieren eine kleine Kapelle, bevor uns eine Holzbrücke über einen ausgetrockneten Bachlauf zur heutigen Einkehrstation leitet. Nach rund 1,5-stündiger Wanderung bei eisiger Kälte freuen wir uns auf eine wärmende Stärkung.
Der Alpengasthof Gramai Alm liegt am Fuß der Lamsenspitze auf 1.267m Seehöhe. Von Ende Dezember bis Mitte/Ende März hat das beliebte Ausflugsziel untertags täglich für Langläufer und Winterwanderer geöffnet. Die Bezeichnung „Gramai“ stammt aus dem Rätoromanischen und bedeutet „Geröllfeld“. Auf dem Gebiet der ehemaligen Weidealm, die schon im 16. Jahrhundert über die Sommermonate hinweg bewirtschaftet wurde und als eines der schönsten Gamsjagdreviere in Tirol gilt, errichtete man im Jahr 1970 erstmals ein Wirtshaus. Dieses baute die Familie Rieser seit 1999 zu einem Rückzugsort und „Wohlfühl-Resort“ aus.
Den Gästen der Gramai Alm werden stilvoll eingerichtete Gasträume und typische Tiroler Gerichte geboten. Auf der Speisekarte stehen neben frischen Salaten, kalten Brotzeiten und herzhaften Suppen beispielsweise Kasspatzl’n, Schweinebraten, Schnitzel, Tiroler Gröstl, Kaspress- und Speckknödel oder Schlutzkrapfen. Die obligatorischen Süßspeisen Kaiserschmarrn und Germknödel sowie verschiedene Strudel und Kuchen runden das kulinarische Angebot ab.
Auf dem Areal befinden sich neben dem Gasthof zahlreiche (Übernachtungs-) Hütten sowie die historische Kas- und Speckalm, die im Winter geschlossen hat. Das gilt derzeit auch für die im Sommer immer gut frequentierte Sonnenterasse und den Almgarten mit Abenteuerspielplatz, hauseigenem Streichelzoo sowie Kneippanlage. Zur Infrastruktur zählt auch eine Transportseilbahn hinauf zum Gramai-Hochleger.
Die Gramai Alm ist zu anderen Jahreszeiten, wenn auch eine Zufahrt via Mautstraße möglich ist, durch die zentrale Lage im Karwendel Ausgangspunkt für zahlreiche Touren auf die umliegenden Berge und Almen. Für Firmenveranstaltungen und Familienfeiern stehen im Gasthof unter anderem der Almstadl (mit Platz für rund 30 Personen) sowie weitere Stuben zur Verfügung. Details dazu sowie zu Übernachtungsmöglichkeiten außerhalb des Winters bietet die Homepage www.gramaialm.at.
Nach der Einkehr geht es für uns auf der Zustiegsroute – im Übrigen ein Abschnitt des Tiroler Adlerwegs, der hier dem Längsten der Karwendeltäler folgt – wieder zurück. Der gemütliche, moderat abfallende Rückmarsch gewährt uns nochmals einen Blick auf die sonnenbeschienenen Felsmassive des Karwendels. Talauswärts erkennen wir den Feilkopf vor der Gebirgskulisse des Rofan.
Von der Gramai Alm retour zur Falzthurnalm benötigen wir rund 45 Minuten. Erneute 45 Minuten später erreichen wir unseren Ausgangspunkt. Nach circa 1,5-stündigem Rückweg und einer Gesamtgehzeit von etwa 3 Stunden (ohne Berücksichtigung der Einkehr) endet unsere familienfreundliche Wanderung in herrlicher Winterlandschaft. Wir merken uns die Hütten in den Nachbartälern - vor allem Feilalm und Gernalm – für die nächsten Touren.
Eine landschaftlich grandiose Winterwanderung auf gut präparierten Wegen, bei der man die zu überwindenden Höhenmeter kaum wahrnimmt !
Günter Etschel │ ALMVOLK
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Die Berichte sind jedoch grundsätzlich subjektiver Natur und explizit auch nicht als Wanderführer gedacht. Gehzeiten und Schwierigkeiten sind individuell unterschiedlich, Bedingungen vor Ort wie Wegverhältnisse, Beschilderungen oder Hütten-Öffnungszeiten können sich jederzeit ändern. Eine eigenständige Tour-Vorbereitung und Beurteilung von Routen, Wetterverhältnissen und möglichen Gefahren sind unverzichtbare Voraussetzungen für jede Unternehmung in alpinem Gelände. Dazu zählen auch das vorherige Studium von Informations- und Kartenmaterial, das Mitführen einschlägiger Ausrüstung sowie die realistische Einschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit. Dies gilt umso mehr bei Streckenverläufen abseits markierter Wanderwege oder gesicherter Steige.
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