impressionen aus bayrischzell
Zweistellige Minus-Grade begleiten uns heute in den Tag. Bevor in Kürze die Skilangläufer wieder das Bayrischzeller Kloo-Ascher-Tal bevölkern, wollen wir zur Kreuzbergalm in dessen Talschluss wandern – nicht zu verwechseln mit der viel besuchten und im Sommer bewirtschafteten Kreuzbergalm zwischen Gindelalmschneid und Kreuzbergköpfl nahe Schliersee.
Unser Ausgangspunkt ist der “Stocker”-Parkplatz im Ursprungtal, rund 4km südlich von Bayrischzell. Bei der Anfahrt via Leitzachtal oder Sudelfeld biegt man in Bayrischzell von der Alpenstraße in Richtung Landesgrenze / Landl ab und folgt der Tiroler Straße durch das Ursprungtal. Der kostenpflichtige Wanderparkplatz an der Stocker-Diensthütte liegt auf der linken Seite. Wintersportlern ist die Gegend als schneesicheres Langlaufzentrum mit weitläufigem Loipennetz zwischen Bäckeralm, Kloo-Ascher-Tal und Bayrischzell bekannt. Wer via Ursprungpass aus Tirol kommt, biegt etwa 3km nach dem Grenzübertritt entsprechend rechts ab. Der Tagesparkschein kostet 3,00 Euro und ist am Kassenautomaten zu lösen.
Wir starten auf 831m Seehöhe und überqueren zunächst die Tiroler Straße. Hinter den Bäumen versteckt sich neben dem Fahrweg zum Sillberghaus ein rauschender Wasserfall. Angesichts der frostigen Temperaturen haben sich dort und entlang des abfließenden Sillbachs (talwärts in den Aubach übergehend) kunstvolle Eisformationen gebildet.
Vor dem Wasserfall wenden wir uns nach links und folgen dem parallel zur Tiroler Straße in Richtung Grenze führenden Fußweg bis zum frisch renovierten Gasthaus Zipfwirt, das in Kürze wieder öffnet. Hier orientieren wir uns nach rechts. Auf einem asphaltierten Sträßchen, das am Waldrand in einen breiten Schotterweg übergeht, marschieren wir ohne fühlbaren Höhenunterschied ins Kloo-Ascher-Tal (die Abzweigung nach links zur Bäckeralm ignorieren wir). Nach einer längeren Passage im Wald erreichen wir die ausgedehnte, von Hausberg (nördlich) und Grundberg (südlich) begrenzte Lichtung im Zentrum des Tals. Der Fahrweg verläuft kerzengerade und eben durch das freie Weidegelände. Von hier aus können wir unser Tagesziel im Felsenkessel unterhalb des Kreuzbergs bereits erkennen.
Wir passieren die am rechten Rand des Talbodens auf 887m Höhe gelegene Kloaschau-Alm, eine Selbstversorgerhütte der DAV-Sektion Oberland. Nach bisher rund 45 Minuten Gehzeit teilt sich der Weg am Ende der großen Lichtung. Rechts ginge es via Elendgraben und Elendsattel nach Valepp bzw. Spitzingsee. In Sichtweite liegen die Forsthütten der „Winterstube“ (Kloo-Ascher-Wildfütterung), darüber der langgezogene Bergrücken der Maroldschneid.
Wir folgen dem Weg aber weiterhin südwestwärts (geradeaus), queren das derzeit trockene Bett des Kloo-Ascher-Bachs über eine Brücke und halten uns an den beiden folgenden Weggabelungen jeweils rechts. Die erste Abzweigung nach links würde über die Brunneralm ins Kesselboden-Tal auf Tiroler Seite führen, die zweite ist eine Sackgasse.
Rund 1km weiter taleinwärts treffen wir nach insgesamt knapp 1 Stunde Gehzeit im lichten Wald erneut auf eine Wegteilung. Geradeaus käme man auf der Forststraße bis zur Grundalm bzw. Hintertoralm. Für uns endet hier die lange Flach-Etappe, wir biegen nach rechts in Richtung der (unbeschilderten) Kreuzbergalm ab. Der in einer Waldschneise zunächst mäßig ansteigende Schotterweg wird zunehmend steiler und vollzieht einige Kehren, bevor er im Talschluss auf freiem Almgelände endet.
Rund 1 Stunde 45 Minuten nach unserem Aufbruch erreichen wir den nach Osten hin offenen Kessel unterhalb des 1.716m hohen, latschenbewachsenen Kreuzbergs. Nördlich des Hauptgipfels mit seinen schroffen Felswänden liegt das bewaldete Kreuzbergspitzl (1.567m). Aufgrund des Sackgassen-Charakters abseits der klassischen Wanderrouten trifft man hier selten jemanden. Nur an wenigen Orten kommt einem die Bergwelt noch so urtümlich vor wie auf der Kreuzbergalm.
Das Almgebäude (privat, nicht bewirtschaftet) wurde 1904 erbaut und liegt auf einem Plateau in 1.305m Höhe inmitten des buckligen Karbodens. Südlich der Hütte verläuft eine Seitenmoräne. Auf der erhöhten Aussichtskanzel steht ein Holzbankerl, direkt neben dem weißen Stein, der die Grenze zwischen Bayern und Tirol markiert. Hier kann man seine mitgebrachte Brotzeit mit einem tollen Panorama garnieren. Linkerhand blicken wir hinüber zum Rotwandhaus mit der Rotwand dahinter. Es folgen Auerberg, Auerspitz und die lange Maroldschneid. Richtung Osten erkennen wir den Kleinen und Großen Traithen mit dem Fellalmsattel dazwischen, daran schließen sich das Unterberger Joch, der Kleine Unterberg sowie das Trainsjoch an. Auch der Brünnstein lugt hinter den anderen Gipfeln hervor. Im Nahbereich dominiert das 1.747m hohe Wildenkarjoch. Direkt unter uns liegt auf einer Lichtung am Talboden die Grundalm (auf 1.010m), südlich davon auf einem Bergsporn unterhalb des Wildenkarsattels die Hintertoralm (auf 1.217m). Auch das Kloo-Ascher-Tal und das sich rechterhand davon erhebende Brunnerköpfl, über das ebenfalls die Grenze verläuft, können wir gut überblicken.
An den ersten Kessel schließt sich ein zweiter an, der über einen auf der Höhe verlaufenden (Kuh-) Pfad erreichbar ist. Die mehrere hundert Meter steil in den Himmel ragende zerklüftete Nordflanke von Krenspitze (1.972m) und Hinterem Sonnwendjoch (1.986m) samt Ausläufern begrenzt diesen Kessel nach Süden. Den auf österreichischer Seite liegenden Gipfelgrat kennen wir abschnittsweise von unseren Touren zum Schönfeldjoch, zur Wildenkar-Alm und auf das Hintere Sonnwendjoch (mit Ausgangspunkt am Ursprungpass bzw. auf der Ackernalm).
Selbst mittags dringen die Sonnenstrahlen zu dieser Jahreszeit kaum noch über den zweiflügeligen Gipfelaufbau, der zugleich den höchsten Punkt des Mangfallgebirges darstellt, bis zur Kreuzbergalm. Der erste Schnee hat sich hier angesichts der geschützten Lage bislang gehalten und es ist noch kälter als im Ursprungtal.
Aus dem hinteren Kessel könnte man auf einem alten Verbindungssteig, der inzwischen weitgehend zugewachsen und angesichts der Schneeauflage ohnehin nicht zu erkennen ist, rund 300 Höhenmeter bis zur Grundalm absteigen. Mit Rücksicht auf die Tiere, die sich hier schon im Wintermodus befinden dürften, verzichten wir heute auf die Direttissima und wandern auf der Aufstiegsroute wieder zurück. Die Abstecher zur Grundalm und Hintertoralm heben wir uns für eine Tour im kommenden Frühjahr auf.
Rund 1 Stunde nach dem Aufbruch auf der Kreuzbergalm passieren wir wieder die Kloaschau-Alm, 30 Minuten später sind wir zurück am Ausgangspunkt. Insgesamt dauerte die heutige Herbstwanderung mit Vorgeschmack auf den Winter rund 4 Stunden.
Eine stille Wanderung in die kühle Schattenwelt des mächtigen Hinteren Sonnwendjochs !
Günter Etschel │ ALMVOLK
Hinweis: Die Benutzung der beschriebenen Wege erfolgt stets auf eigene Gefahr.